Veranstaltungsreihe in Kooperation zwischen Bürgeruniversität Düsseldorf (HHU), CEPLAS, KWI und WILA
Referent: Dr. Eugen Pissarskoi, Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften, Universität Tübingen
Visionen einer Bioökonomie konzipieren eine Wirtschaftsweise, bei der Pflanzen die ökonomische Rohstoffbasis bilden und es obsolet machen, Erdöl, -gas oder Kohle zu nutzen. Von einer Transformation zur Bioökonomie versprechen sich ihre Befürworter*innen einen wichtigen Beitrag zur Nachhaltigen Entwicklung bei gleichzeitiger Sicherung ökonomischen Wohlstandes, aber auch Beiträge zu weiteren gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts wie Bekämpfung der Unterernährung im Globalen Süden oder Verbesserung gesundheitlicher Versorgung.
Wenn allerdings all das, was wir heute aus Erdöl, -gas und Kohle herstellen, aus Pflanzen hergestellt wird, werden die landwirtschaftlichen Flächen weltweit einer noch stärkeren Nutzungskonkurrenz unterliegen als sie es heute bereits tun. Das wiederum scheint eine kaum zu überblickende Fülle ethisch höchst relevanter Abwägungen mit sich zu bringen: Nutzung der Flächen für Nahrungsmittelproduktion versus Klimaschutz versus Naturschutz versus menschliche Infrastruktur (z.B. Mobilität, Wohnen) versus Materialien (Bioplastik) etc. Angesichts dieser Abwägungen drängt sich jedoch die Frage auf, wie dies überhaupt vernünftig entscheidbar ist…
Hierüber will ich in meinem Vortrag reflektieren: Wie sollen wir trotz der vermeintlichen Fülle ethisch relevanter Konfikte über die Frage nachdenken, wie die Transformation zur Bioökonomie gerecht gestaltet werden sollte? Ich will die These vertreten, dass wir — Teil der an einer gerechten Transformation zur Bioökonomie interessierten Öffentlichkeit — hierbei nicht umhin kommen, uns über grundlegende moralphilosophische Fragen auseinanderzusetzen, nämlich, was wir unter gutem bzw. gelingendem Leben verstehen, wie seine Realisierung politisch ermöglicht werden sollte, und welche Gerechtigkeitsprinzipien Grenzen bei der Realisierung guten Lebens setzen sollten. Das, so werde ich argumentieren, sind die eigentlichen ethischen Kontroversen der Bioökonomie.
Zur Person: Eugen Pissarskoi forscht am Internationalen Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) der Universität Tübingen. Er beschäftigt sich mit Klima- und Nachhaltigkeitsethik, normativen Begründungen von Entscheidungen unter Unsicherheit und Methoden angewandter Ethik. Seit Oktober 2019 koordiniert er das Forschungsvorhaben BATATA. Das Projekt untersucht zum einen, welche Vorstellungen einer nachhaltigen Bioökonomie im Globalen Süden befürwortet werden, wobei der Fokus auf Tansania liegt, einem an Biomasse reichen Land in Sub-Sahara-Afrika. Zum anderen werden die identifizierten Visionen aus dem Globalen Süden sowie die aus dem Globalen Norden einer ethischen Analyse unterzogen: Das Ziel ist, zu verstehen, in welchem Verhältnis unterschiedliche Bioökonomie-Visionen mit Gerechtigkeitsidealen stehen. Mehr Infos: http://batata-bioeconomy.de/
Die Teilnahme ist kostenlos. Um eine Anmeldung wird gebeten unter norbert.steinhaus@wilabonn.de
Die Veranstaltung findet im Rahmen der Reihe „Zukunft Bioökonomie? – Ansätze, Sichtweisen und Perspektiven der Bioökonomie“ statt und ist eine Kooperation der Bürgeruniversität der Universität Düsseldorf, des Exzellenzclusters für Pflanzenwissenschaften CEPLAS, des Wissenschaftsladen Bonn e. V. und des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen.